Wenn ich dachte, so nötig hätte ich es nicht, hatte ich die Rechnung ohne Gerlinde-Josefa gemacht. Meine Mutter, bekannt dafür, stets zurückhaltend zu sein, hatte mich eines schönen Sonntags zum Kaffee eingeladen.

Bei einer Tasse Kaffee mit einer Waffel aus der Packung ( aus dem ALDI, weil die da einfach am günstigsten sind ) sah mich Gerlinde – Josefa still und durchdringend an.

In mir stand schlagartig alles auf Alarm. Den Blick kannte ich. Gleich würde sie einen raushauen.

„ Du brauchst einen Mann, Ella und zwar jetzt“. Diese in einem unterschwelligen Befehlston gesprochenen Worte begleitete sie mit der Haltung eines Generals. Arme durchgestreckt auf dem Tisch, Kopf hoch, Augen starr auf mich gerichtet und nur den Anflug eines Lächelns im Gesicht. Mit viel Körperbeherrschung gelang es mir, den Kaffee, den ich gerade trinken wollte nicht versehentlich über den Tisch zu prusten. „Ich hab da auch schon ein, zwei Ideen. Du rufst den Konrad an und wenn der nicht will den Heiner. Einer von beiden wird Dich schon nehmen“. Gerlinde-Josefa saß in Siegerpose. „ Ich habe auch schon mal vorgefühlt. Abgeneigt sind beide nicht. Nur Deine kurzen Röcke und die Zigaretten, die müsstest Du sozusagen abschaffen. Der Konrad wohnt ja seit 45 Jahren alleine. Da gibt es viel zu tun im Haus. Das geht mit kurzen Röcken nicht. Gegen den Zigarettenqualm hat er eine Allergie. Gräser, Tierhaare, Hausstaub, Milben und Zigarettenqualm gehen bei ihm nicht. Ich habe ihm praktisch schon zugesagt, dass das für Dich alles gar kein Problem ist.“

Sprachlos. Mehr kann ich nicht dazu sagen. Sprachlos und gleichzeitig mit der Überlegung ob Gerlinde-Josefa’s Gehirnwindungen nun nicht doch schon sehr verbraucht waren und nicht mehr so ganz sauber tickten. Praktisch ist es ja, dachte ich so für mich. Ich brauchte mich gar nicht selber kümmern. Dieses Gewische auf dem Handy ging mir sowieso auf die Nerven und brachte ja auch bekanntlich nichts, außer dass Typen die aussahen wie 45 in Natura praktisch schon an der Grenze der Pflegebedürftigkeit standen. Und Konrad oder Heiner. Gott es gab Schlimmeres. ABER NICHT VIEL!!!!

Genau das schleuderte ich Gerlinde-Josefa entgegen. Meinen nicht gerade sorgfältig gewählten Worten verlieh ich mit verschränkten Armen und einem nicht ganz so netten, leicht hysterischem Lachen Nachdruck. „BIST DU PANNE? Ich will keinen Mann und schon gar keinen Konrad oder Heiner, der schlimmer aussieht als der Glöckner nach einem Sturz vom Balkon. Wieso mischt DU DICH ÜBERHAUPT EIN?

Selbstgefällig und völlig entspannt sah Gerlinde-Josefa mich an, während Sie mir lächelnd auf meine Frage antwortete: „Weil ich es kann“…

Ella Glasmann, kurz davor sich selbst zur Vollwaise zu machen…