Sieben Brötchen in der Tüte

Als ich auf den Parkplatz fahre sehe ich ihn. Der Mann mit großen Audi parkt gekonnt schräg über zwei Parkflächen sein Auto. Mit Schwung steigt er aus und geht schön langsam ( falls es mal überraschend glatt ist ) in die Bäckerei. Ich parke ein, steige aus und gehe ebenfalls hinein.

Da steht er, mein Audiahrer, ca. 60 Jahre alt,  offensichtlich überrascht, dass es hier Brötchen gibt. Die Verkäuferin auf der anderen Seite der Theke schaut ihn erwartungsvoll an.  Er steht da, reibt sich mit der Hand das Kinn und nach einer Weile stößt er hervor: 7 Stück brauche ich, auch Körnerbrötchen.  Unruhig beginnt er an der Theke hin- und her zu laufen. Dann sagt er bestimmt: Von denen da links, nein ganz links, eins bitte..

Ich stehe da und denke, kein Problem, ich habe Gleitzeit und fange später an, macht ja nichts.

Von ganz links schwenkt der Mann plötzlich nach mittig rechts und ruft: ja, da  auch eins von. Die Verkäuferin, leicht irritiert nimmt ein Brötchen hoch. Fast in der Tüte das Veto das Mannes. Nein nicht das, das daneben. Ok. Gefunden. Jetzt sind schon zwei Brötchen in der Tüte. Er fragt plötzlich, was denn das für eine Sorte gewesen sei gerade. Das, was er eigentlich nicht wollte. Antwort von der anderen Thekenseite: Zwiebelbrötchen. Er: oh, nein, das will ich nicht. Dann auf einmal ist er voller Entscheidungskraft: zwei Weltmeister, haben Sie Roggen? Ja. Ok. Zwei Roggen. Pause. Der Mann steht da und leicht nervös fragt er: Wieviele habe ich? Antwort: sechs. Mist, eins fehlt noch. Er ist überfordert, beginnt wieder seinen unruhigen Lauf vor der Theke.

Ich überlege, ob ich vielleicht vormittags frei nehmen soll. Urlaub hätte ich ja noch..

Die Verkäuferin auf der anderen Seite der Theke hat mittlerweile ein eingefrorenes Lachen, aber sie bleit standhaft freundlich. Der Mann ist offensichtlich immer für eine Überraschung gut. Zwischen zusammen gekniffenen Lippen stößt er hervor: und ein Normales bitte!  Sieben. Es ist geschafft. Sieben Brötchen in der Tüte.

Innerlich keimt Freude auf, ich bin gleich dran, juchu…

Die Verkäuferin tippt in Ihre Kasse und gerade als sie den Preis sagen will ruft der Mann dazwischen: Ach, ich nehme noch ein Normales dazu… O.k. wortlos packt sie das Brötchen in die Tüte und zischt: € 4,42 bitte. Der Mann holt seine Geldbörse heraus und schon nach zwei Minuten strahlt er sie an mit den Worten: hier sind schon mal 42 Cent.

Ist das der Moment seine Brötchenrechnung zu übernehmen? Ich kann mich gerade noch bremsen, resigniert und leicht säuerlich…

Er sucht weiter in seiner Börse und nachdem er jede Menge Kleingeld auf die Theke gelegt hat schüttelt er den Kopf. Passt nicht. Alles wieder rein ins Portemonnaie und eine Schein gezückt. Die Verkäuferin gibt schnell das Wechselgeld raus. Gleichzeitig wünscht sie ihm einen schönen Tag und noch gleichzeitiger fragt sich mich nach meinen Wünschen. Wir ignorieren ihn, fast ängstlich, dass er noch was vergessen hat.

Als ich kurz darauf aus der Bäckerei trete ist er beinahe an seinem  Auto angekommen. Offensichtlich sitzt  seine Mutter auf dem Beifahrersitz. Triumphierend schwingt er seinen hocherhobenen Arm. Hier sind sie: Sieben Brötchen in der Tüte!